CO2-Fußabdruck für Produkte bei der FRoSTA AG: Experteninterview

CO2-Fußabdruck für Produkte bei der FRoSTA AG: Experteninterview

Urban Buschmann ist Leiter Nachhaltigkeit und Verfahrensentwicklung bei der FRoSTA AG, einer der großen Hersteller von Tiefkühlprodukten in Europa. FRoSTA Produkte finden sich in vielen deutschen Tiefkühlschränken, vielleicht ja sogar in Ihrem? Der ausgebildete Lebensmitteltechnologe spricht über die Bedeutung von CO2-Bilanzen für das Unternehmen und gibt Einblicke in seine Projekte zur Berechnung des CO2-Fußabdrucks für Produkte (englisch Product Carbon Footprint).

Sie waren für die Einführung einer CO2-Bilanzierung von Einzelprodukten und Produktionsstandorten verantwortlich. Was für eine Bedeutung hat der Product Carbon Footprint (PCF) für FRoSTA?

In 2007 fingen wir an, uns mit dem Thema der PCF-Berechnungen als Basissystem zur Untermauerung des FRoSTA-Reinheitsgebotes zu beschäftigen. Zu damaliger Zeit war das Angebot an Beratern zu diesem Thema sehr dünn und es war ein Glücksfall, dass wir an einem PCF-Pilotprojekt in Deutschland unter der Leitung von Thema1 und mit Betreuung vom WWF, vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung wie auch vom Öko-Institut aus Freiburg teilnehmen konnten.

Neben dem wichtigen Knowhow, wie man eine Umweltwerbung gestaltet, lernten wir die Grundsätze einer fundierten Berechnung der Umweltwirkungen. Alle Teilnehmer berechneten dabei eigene Produktbeispiele und diskutierten die Zwischenergebnisse untereinander. Während die meisten die Kalkulationen an wissenschaftliche Institute in Auftrag gaben, machte sich FRoSTA auf, ein eigenes System zunächst auf Basis von Excel zu entwickeln. Dieser Schritt war ein sehr wichtiger, weil er uns sowohl die Umwelteinflüsse, als auch ihre Wirkungen sehr nah brachte. Die verschiedenen PCF-Berechnungen von Produkten, aber auch von Prozessen und Fabriken, führten zu einem Aha-Effekt in der Firma und zu einer hohen strategischen Bedeutung des neuen Umweltkalkulationssystems.

Seit 2011 berechnet und veröffentlicht FRoSTA die PCF mit einigen Hintergrunddokumentationen von allen Produkten. Zu jeder Investition fordert der Vorstand eine ökobilanzielle Betrachtung des Vorhabens, so dass jede Investition nachvollziehbar einen Umweltfortschritt bringen muss. Seit zwei Jahren wurde das PCF-System in das Warenwirtschaftssystem integriert, was eine zeitnahe PCF-Berechnung erlaubt und was auch eine Erstellung der Unternehmensklimabilanz anhand der direkt verbuchten Verbräuche ermöglicht.

Wo liegt der größte Unsicherheitsfaktor in Ihren Berechnungen und wie gehen Sie damit um?

Die größte Unsicherheit bestand bei den zugekauften Rohstoffen, da kaum jemand PCF-Berechnungen als Standard durchführt. Seit den Anfängen des Berechnungssystems arbeitet FRoSTA mit den Lieferanten zusammen, indem bei Kontakten (z.B. Besuchen der Einkäufer oder Qualitätssicherung) Daten der Erzeuger aufgenommen werden. Dieses System lebt auch heute in dieser Form weiter. Inzwischen verfügen wir über eine fundierte Basis über Fischfang über die Weltmeere, Erzeugung von Fleisch in verschiedenen Haltungsformen bis hin zu Zusammenhängen im Boden beim Gemüseanbau.

Ein weiterer schwieriger Schritt war die Modellierung der Verweilzeit und des energetischen Aufwands im Handel und beim Konsumenten.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit Lieferanten, wenn Sie nach Carbon Footprints fragen? Fordert Frosta diese Information von seinen Lieferanten?

Wie bereits in der zweiten Antwort erwähnt wurde, besitzen die Rohstofflieferanten nur wenig Knowhow. Aus diesem Grund fordert FRoSTA keine fertigen PCF’s. Vielmehr ist FRoSTA an Daten interessiert, um diese in das eigene System zu integrieren. Beim erkennbaren Interesse des Lieferanten an dem PCF-Thema gibt FRoSTA eine systemische Unterstützung und vermittelt Kontakte zu namenhaften Beratern. Im Laufe der Jahre sind dadurch PCF-Systeme insbesondere bei den Verpackungszulieferern entstanden.

Gibt es ein PCF-Projekt, in dem es zu überraschenden Ergebnissen kam? Können Sie das Beispiel kurz umreißen?

Eine große positive Überraschung war das Ergebnis des Vergleiches von einem Tiefkühlgericht und einem nach der gleichen Rezeptur nachgekochten Frischprodukt. Es zeigte sich dabei, dass sich der Einfluss der Lagerung von vermeintlich frischen Möhren oder Kartoffeln deutlich auswirkt. Ferner konnte man den merkbaren Einfluss der Verpackung von Haushaltszutaten auf den PCF aufzeigen , z.B. 50g Pfeffer.

Es zeigte sich, dass das Tiefkühlgericht einen geringeren CO2-Fußabdruck aufweist, als das Frischprodukt. Das Frischprodukt war lediglich vorteilhafter, wenn es sich um Zutaten direkt vom Erzeuger rund um die kurze Erntezeit, handelte.

Was denken Sie, wird die Angabe von CO2-Äquivalenten für Hersteller zukünftig eine Selbstverständlichkeit sein?

Es sollte so sein, dass man die PCF’s über alle Produkte und eigene Handlungen kennt, um so das eigene Verhalten gegenüber der Umwelt zu justieren. Damit unsere Gesellschaft mit der Herausforderung des rasanten Bevölkerungswachstums und dem Klimawandel, tatsächlich weiterkommt, sollte man die Emissionen aus allen Bereichen kennen. Diese Erkenntnisse sollten auch der Politik zur Unterstützung einer guten langfristigen Entwicklung dienen. Da dieses immer wichtiger wird, werden die PCF-Berechnungen möglicherweise in naher Zukunft Pflicht sein.

Was würden Sie Unternehmen, die neu mit der Betrachtung von Carbon Footprints beginnen, raten?

Unternehmen, die sich neu mit dem Thema PCF beschäftigen wollen, würde ich raten, als Erstes einen guten Berater zu engagieren, der auch ein System mit sich bringt. Auf der anderen Seite sollte das interne Personal nach Kriterien des persönlichen Engagements für die Umwelt ausgewählt werden. Die Systemlandschaft sollte so organisiert sein, das sie sich der Datenorganisation in ähnlichen Bereichen des betreffenden Unternehmens anpasst.

Vielen Dank Herr Buschmann!

Mehr Informationen über FRoSTA finden Sie hier.

Rebecca Cordeiro

Rebecca Cordeiro

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