Immer wieder stehen Weichmacher in der Kritik, die Gesundheit zu gefährden. Sie stecken in Kunststoffen und können über Berührungen in den menschlichen Körper gelangen. Unternehmen, die bei ihrer Herstellung Weichmacher und andere besonders besorgniserregende chemische Stoffe verwenden, müssen ihre Kunden darüber informieren. So schreibt es die EU-Verordnung REACH vor. Eine Software-App von iPoint-systems und DEKRA soll Unternehmen nun dabei unterstützen, ihrer Pflicht effizient nachzukommen.
Zirka 170 bedenkliche Stoffe für Mensch und Umwelt sind derzeit in der EU-Verordnung REACH gelistet. Sie können in Plastikteilen von Kinderspielzeug, Metallteilen oder Textilien stecken. Arbeitet ein Hersteller mit den betroffenen Materialien, muss er seine Kunden über die Gefahrenstoffe informieren. Die neue App "Product Chem Risk" von iPoint und DEKRA soll den damit verbundenen Aufwand für die Hersteller reduzieren. Bislang mussten diese für jedes ihrer Erzeugnisse eine aufwendige Laboranalyse erstellen oder sich auf Lieferantenabfragen stützen. Die Zulieferer sind zwar schnell befragt, allerdings mangelt es hier häufig an zuverlässigen und belastbaren Angaben. Mit der App haben Hersteller nun die Möglichkeit, alle potenziellen Schadstoffe in den Materialien schnell und einfach zu identifizieren, sodass sie ihren REACH-Verpflichtungen effizient und verlässlich nachkommen können.
Gezielte Eingrenzung durch innovatives Screening-Verfahren
Die Software bietet ein Screening-Verfahren, mit dem der Aufwand einer Kandidatenstoff-Analyse effektiv gesenkt werden kann. Die als besonders besorgniserregend eingestuften Kandidatenstoffe unterliegen der REACH-Verordnung. Dazu zählt beispielsweise das weichmachende Phthalat DEHP, das in PVC und damit noch in vielen alltäglichen Gegenständen vorkommt. Zur Risikobeurteilung ihrer Erzeugnisse greifen die Hersteller mit der Product Chem Risk-App auf eine umfangreiche Datenbank zurück. Rund 150 Materialien sind hier gelistet, in denen die Kandidatenstoffe typischerweise vorkommen. Analysiert und geprüft wurden die gelisteten Materialien von DEKRA, die die Datenbank bereits 2009 begonnen und fortlaufend weiterentwickelt hat.
Über die App können die Hersteller eingrenzen, welche ihrer Erzeugnisse auf Kandidatenstoffe überprüft werden müssen. Statt eine aufwendige Vollanalyse aller Bauteile oder Materialien durchzuführen, werden ihnen materialbasiert direkt die zu erwartenden Kandidatenstoffe angezeigt. Verarbeitet ein Hersteller beispielsweise einen elastischen Kunststoff, liefert das System ihm zuverlässige Daten, ob der Stoff entsprechende Weichmacher enthält und von REACH betroffen ist. Je nach Wahrscheinlichkeit ihres Vorkommens werden die Materialien und Kandidatenstoffe mit den Farben Dunkelrot (sehr häufig) bis Gelb (selten) gekennzeichnet. Die Liste enthält auch Materialien, in denen bislang keine Kandidatenstoffe nachgewiesen werden konnten. Diese kann der Hersteller dann von der weiteren Überprüfung ausschließen und sich auf die übrigen Stoffe konzentrieren, die für die risikobasierte Beurteilung interessant sind. An der elektronischen Umsetzung haben DEKRA und iPoint etwa ein halbes Jahr lang gemeinsam gearbeitet.
Product Chem Risk-App hilfreich in der Wertschöpfungskette
Neben den Vorteilen, die das Instrument für die REACH-Compliance mitbringt, kann es beispielsweise auch beim Produktdesign sinnvoll eingesetzt werden. So lassen sich bestimmte Materialien in neuen Produkten von vornherein vermeiden, wenn sie Kandidatenstoffe enthalten. Das kann zum Beispiel für Hersteller von Bauteilen entscheidend sein. Auch bei der Auswahl von zugekauften Baugruppen und Erzeugnissen hilft die Software. Wenn ein Hersteller auf Lieferantenaussagen angewiesen ist, kann die App zur Plausibilitätsprüfung ihrer Angaben eingesetzt werden. Im Zweifelsfall wird dann auch auf die besser ausgezeichnete Ware weniger Lieferanten gesetzt und eine Qualitätsverbesserung im Lieferantenmanagement erzielt.
Die Product Chem Risk-App kann auf der iPoint-Plattform SustainHub kostenlos getestet werden. Weitere Informationen finden Sie hier.
Dieser Artikel ist am 18.01.2017 im UmweltDialog erschienen.